Mehr Objektivität bei der Netzplanung

Ein leistungsfähiges, gut geplantes Stromnetz ist Bedingung für eine kosteneffiziente und erfolgreiche Energiewende. Bei der Planung sind Versorgungssicherheit, Netzstabilität, Naturschutz und Wirtschaftlichkeit die zentralen Kriterien für eine fachliche Bewertung der Projekte. Zumindest dann, wenn der Minister nicht persönlich etwas anderes verfügt.

Der 2019 getroffene Dreiländerkompromiss des Peter Altmaier ist ein Paradebeispiel, wie Eigeninteressen eine transparente Netzplanung unterlaufen. Kurzfristig wirkte er wie ein Erfolg: Ein gewichtiger Streitpunkt schien „gelöst“ zu sein und die Politiker der drei Bundesländer äußerten sich zufrieden. Aus Sicht der nachhaltigen Netzplanung war die Aktion aber alles andere als ein Hoffnungszeichen. Sie sendete ein Signal an alle Landespolitiker, dass die Objektivität der Netzplanung dem Minister nicht viel wert ist. Denn mehrfache Prüfungen haben ergeben, dass die ursprüngliche Planung den Alternativen fachlich überlegen war. Die regionalen Netzprobleme werden durch den Kompromiss nur reduziert, aber nicht gelöst. Zusätzlich erhöht die unkoordinierte Aufnahme weiterer Abschnitte in die Erdverkabelung die Netzentgelte. Eine objektive Bewertung aller Argumente ist zentral für die Befriedung des wichtigen Netzausbaus. Die Menschen müssen sich darauf verlassen können, dass sie fair behandelt werden.

Bei Herrn Altmaier aber scheint der die meisten Privilegien zu bekommen, der am lautesten schreit – und nicht der, der die besten Argumente hat. Dabei läuft der Netzausbau zurzeit zügiger und besser als die Jahrzehnte davor. Das liegt auch an einer transparenteren Planung mit früherer Einbindung der Menschen vor Ort. Besonders gut funktioniert hat es bei dem Planungsprozess der Westküstenleitung.

Es ist zentral, dass Sonderentscheidungen des Ministers, wie beim Dreiländerkompromiss gesehen, sich nicht wiederholen. Die Umsetzung der Energiewende ist gesellschaftlich gewollt und politisch beschlossen. Ebenso wie das Ziel, die Industrie an ihren deutschen Standorten zu erhalten und deutschlandweit eine sichere und möglichst kostengünstige Stromversorgung zu garantieren. Und dafür brauchen wir zusätzlich zum Ausbau der Netze auch einen viel zügigeren Ausbau bei den erneuerbaren Energien.

Der Artikel ist in der Aprilausgabe der Netzwirtschaften&Recht erschienen.