Rede zur Planungsbeschleunigung

Am 5.11.2020 diskutierte das Plenum des Deutschen Bundestages zum Tagesordnungspunkt „Beschleunigung von Investitionen“. Dabei standen Gesetzenwürfe der Bundesregierung insbesondere zur Beschleunigungen im Planungsrecht zur Diskussion.

Ich habe für meine Fraktion BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN dazu geredet. Die ganze Debatte kann auf der Website des Bundestages unter diesem Link [externer Link zu Bundestag.de] angeschaut werden.

 

Stenographisches Protokoll der Rede:

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

In einem Punkt sind wir uns einig: Wir brauchen schnellere Planungs- und Genehmigungsverfahren. Um es vorwegzunehmen: Ja, wir werden, wenn auch mit einigen Bauchschmerzen, heute zustimmen, weil wir uns unserer Verantwortung stellen und, ja, weil wir nicht für einen Ansatz stehen, bei dem wir uns im Streit zerfetzen. Vielmehr wollen wir gemeinsam nach dem Weg suchen, wie wir gute Infrastruktur für unser Land bauen können.
Der große Wurf und ein Ruhmesblatt ist dieser Gesetzentwurf leider trotzdem wieder einmal nicht. Herr Lange, Sie haben stolz verkündet, dass es sogar schon der vierte in dieser Legislatur ist. Ja, aber das ist doch kein Grund, stolz zu sein. Wenn man auf ein Pferd steigt, sagt man doch auch nicht: Oh, ich versuche es schon zum vierten Mal; ich bin immer noch nicht oben angekommen. – Gut wäre es gewesen, wenn der erste Versuch gesessen hätte und Sie schon einmal losgeritten wären. Was aber tatsächlich passiert, ist: Sie stochern so ein bisschen im Nebel; beschleunigt haben Ihre bisherigen Versuche leider nichts.

Deshalb halten Sie auch so eine Art Oppositionsrede und bemängeln, was alles nicht funktioniert bei uns im Land. Ja wer hat denn die letzten zehn Jahre – und länger – hier regiert? Wer hätte denn die Chancen gehabt, es besser zu machen? Und nein, es sind nicht die Grünen und die Umweltverbände, die schuld daran sind, dass die Planungen nicht schneller laufen; diese ewige Leier vom Sündenbock bringen Sie doch nur deshalb, weil Sie Ihre eigenen Hausaufgaben nicht gemacht haben.
Das zweite Problem ist, dass Sie einfach gar nicht klären, welche Infrastruktur wir brauchen. In der vorletzten Sitzungswoche haben wir hier über Autobahnen und Infrastruktur diskutiert. Da konnte man wirklich tief blicken: Kollege Ploß sagte – ich zitiere –, es seien „Investitionen ins Autobahnnetz genau das, was wir mit Blick auf Klimaschutz … brauchen“.

Ich kann nur sagen: Da haben Sie etwas ganz Grundlegendes nicht verstanden. Minister Scheuer sagte – Zitat –: Ich bin glücklich, wenn ich unterwegs bin und neue Infrastrukturprojekte eröffnen kann. Ich freue mich auch, wenn ich ein gutes Infrastrukturprojekt eröffnen kann; aber es ist doch nicht egal, welches.
Der dritte Punkt, den Sie dringend adressieren müssen, wenn Sie mit der Beschleunigung von Infrastrukturausbau Erfolg haben wollen, ist die Bürgerbeteiligung. Leider sind auch in diesem Gesetzentwurf wieder einige Tücken drin. Wir fordern zum Beispiel, dass natürlich alle Unterlagen für das Raumordnungsverfahren auch in Papierform ausgelegt werden müssen und nicht nur digital. Sie garantieren nicht, dass tatsächlich Dialogveranstaltungen im Raumordnungsverfahren stattfinden, sondern sagen: Na ja, ach, da kann man irgendwie eine Information machen. – So funktioniert das nicht. Sie werden Planung nur dann beschleunigt bekommen, wenn Sie die Bürger endlich ernst nehmen, wenn Sie mit den Menschen und nicht gegen die Menschen planen.

Als Allerletztes, Herr Herbst: Wenn Sie meinen, wir hätten noch nicht genug Straßen: Das Straßennetz in Deutschland reicht bis zum Mond und zurück. Da wird auch Ihr Gummibärchennachschub im Supermarkt nicht gefährdet sein, wenn wir nicht noch mehr Straßen dazubauen, sondern die bisherigen Straßen erhalten und andere Infrastruktur dazubauen.
Herzlichen Dank!