Der folgende Text ist als Gastkommentar im Handelsblatt unter der Rubrik „Meinung“ am 10.1.2019 auf der Website erschienen und kann unter diesem Link (extern zu handelsblatt.com) eingesehen werden.
Transparenz schafft Netzausbau
Nach Jahren intensiver Arbeit kommt der Ausbau des Stromnetzes endlich voran. Dafür braucht man gute Bürgerbeteiligung und einen langen Atem. Politik muss sich kümmern. Auch deshalb haben Grüne Landesminister den Netzgipfel zwischen Bund und Ländern im letzten Herbst eingefordert.
Und für einen schnellen Netzausbau müssen Antworten her. Es sind immer wieder die gleichen Punkte, die die Menschen vor Ort interessieren. Und da mit dem weiteren Ausbau der Erneuerbaren auch weiterer Übertragungsbedarf entsteht, erhalten diese Fragen mit der Veröffentlichung des neuen Netzentwicklungsplanes (NEP) Ende des Monats eine ganz neue Brisanz. Zum ersten Mal ist der NEP auf 65% Erneuerbare ausgelegt – deutlich mehr als bisher.
Somit macht es natürlich einen Unterschied, ob Kohlestrom die Leitungen verstopft und ob das Bestandsnetz durch innovative Technik optimal genutzt wird. Branchenkenner sagen, dass allein durch zwei erprobte Technologien drei Viertel der heutigen Netzeingriffe (Redispatch) eingespart werden könnten. Zwar halte ich es für möglich, dass die Regierung im neuen NEP innovative Annahmen trifft. Zentral ist aber, dies für jeden verständlich und bewertbar zu machen.
Genau darin liegt die Aufgabe von Minister Altmaier: Klarheit schaffen! Und nicht auf Zuruf dieser oder jener Gruppierung, denen er zufällig auf einer Netzreise begegnet, diejenigen Punkte wieder aufzuschnüren, die seit Jahren geklärt sind. Wie die Frage der wiederkehrenden Vergütung für Landeigentümer. Wie die Frage, wo Pilotprojekte für die Erdverkabelung von Höchstspannungstrassen aufgebaut werden. Minister Altmaier wollte den Netzausbau zur Chefsache machen, stattdessen hat er ihn vor allem chaotisiert.
Trotzdem gibt es endlich Fortschritte. Doch gerade jetzt, wo erste Erfolge beim Netzausbau bereits sichtbar werden, vernachlässigt man die Erneuerbaren. Das Jahrhundertprojekt Energiewende wird nur dann gelingen, wenn Netz- und Ökostromausbau endlich gemeinsam vorangetrieben werden. Dafür muss die Regierung ihre eigenen Erneuerbarenziele ernst nehmen. Ansonsten stehen wir in 10 Jahren vor dem Dilemma neu gebauter Leitungen, ohne diese mit ausreichend grünem Strom füllen zu können.