Am 29.04.2019 besuchten die GRÜNEN Bundestagsabgeordneten Claudia Müller, Sprecherin für Maritime Wirtschaft, Ingrid Nestle, Sprecherin für Energiewirtschaft und Bernd Voss GRÜNER Landtagsabgeordneter aus Schleswig-Holstein die Baustelle für eine fünfte Schleusenkammer in Brunsbüttel.
Der Kanal hat sowohl für die Schleswig-Holsteinische Wirtschaft als auch für den gesamten Ostseeraum eine herausragende Bedeutung. Auch ökologisch ist der kürzere Weg durch den echten Norden zu bevorzugen, die Strecke durch das Skagerrak ist um rund 7 Stunden länger. Oft wird mit Schweröl gefahren.
Für uns als Abgeordnete ist es eine wichtige Aufgabe, uns im Sinne der Erhaltung der Infrastruktur und Sicherstellung der Befahrbarkeit der Wasserstraße einzusetzen. Die aus Kaiserzeiten stammende Schleusenanlage muss dringend saniert werden. Um den Betrieb der Schleuse während der Sanierung sicherzustellen wurde im Jahr 2010 der Planungsfeststellungsbeschluss zum Neubau der zusätzlichen Kammer gefasst. Doch in den letzten Jahren mehrten sich die Probleme und die Kosten, die zu Beginn mit deutlich zu niedrigen 250 Mio. € angegeben wurden, sind inzwischen auf rund 800 Mio. € angewachsen und die Bauarbeiten befinden sich Jahre hinter dem Plan.
Zentraler Punkt in den Gesprächen war deshalb die Frage, woran die Kostensteigerungen und Verzögerungen liegen, wie das Projekt so gut wie möglich zu Ende geführt werden kann und wie wir als Verantwortliche für Steuergelder verhindern können, dass ähnliche Entwicklungen bei künftigen Großprojekten des Bundes auftreten.
Grund für die Verzögerungen sind zum einen Probleme mit dem Bauunternehmen. Trotz Streitigkeiten konnte ein Baustopp glücklicherweise abgewendet werden. Ergänzend stellte sich die Sicherstellung von Kampfmittelfreiheit des Baugrundes als eine Herausforderung dar, die den Einsatz einer Drittfirma unter Teilkündigung des Vertrages mit dem Bauunternehmer beinhaltete. Des Weiteren mussten Techniken für die Spundwandbefestigung mühsam angepasst werden.
Für mich hat das Gespräch verschiedene Schlussfolgerungen ergeben:
- Künftig sollte von Anfang an mit deutlich ehrlicheren Zahlen gearbeitet werden. Die zunächst genannte Summe von 250 Millionen Euro war von Anfang an überholt und viel zu niedrig
- Die öffentliche Hand sollte nicht das auf den ersten Blick wirtschaftlichste Gebot nehmen müssen, sondern insbesondere das über die Bauzeit beste Angebot. Das verhindert viele Verluste und Verzögerungen durch zahlreiche Rechtsstreitigkeiten. Es sollte wieder der Ingenieur im Mittelpunkt stehen und nicht der Jurist. Im Zweifelsfall muss hier auch die Rechtsposition der öffentlichen Hand gestärkt werden.
- Vor Ort wird gute Arbeit geleistet, deshalb sollten mehr Kompetenzen und Entscheidungsbefugnisse zu den Behörden vor Ort delegiert werden. Bisher muss bei jeder Entscheidung über 125 000 Euro eine Schleife über die Bundesbehörde gedreht werden und ab 300 000 Euro sogar über das Verkehrs- und Finanzministerium. Das macht die Arbeitsprozesse zu langsam, um adäquat auf die Forderungen der Bauunternehmen reagieren zu können.
In dem Gespräch mit den Vertreter*innen des Wasser- und Schifffahrtsamtes, unter anderem dem Leiter Prof. Witte, wurde gleichzeitig die angespannte Personalsituation in den Niederlassungen des WSA in Kiel und Brunsbüttel thematisiert. Sie wiesen auf die Notwendigkeit eines Stellenaufwuchses in der Versorgung und Bewirtschaftung des Nord-Ostseekanals hin. Jahrelang haben die Wasserstraßen im Bundesministerium viel zu wenig Beachtung erhalten. Ob das damit zu tun hat, dass das Ministerium seit langem fast nur mit Ministern aus Bayern besetzt wurde, mag jeder selbst entscheiden…