Worum geht es bei der „Scheibenpacht“?
Um rechtlich zweifelhafte Verträge zwischen Unternehmen und Kraftwerken mit dem Ziel weniger EEG-Umlage auf den Stromverbrauch zahlen zu müssen.
Warum „Scheiben“?
Weil die Unternehmen im übertragenen Sinne Anteile von der Gesamtkapazität eines Kraftwerks pachten. Dieser Teil, beziehungsweise eben diese Scheibe, der Kapazität soll dann Strom für den Verbrauch im Unternehmen produzieren.
Warum machen Unternehmen das?
Im Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG) ist geregelt, dass auf Strom keine oder nur eine reduzierte EEG-Umlage zu zahlen ist, wenn man den Strom selbst erzeugt und selbst verbraucht. In den Scheibenpachtverträgen wurde kurzerhand die gepachtete Kapazität als eigenes Kraftwerk deklariert, sodass folglich auf den damit produzierten und genutzten Strom keine EEG-Umlage fällig wurde.
Ist das erlaubt?
Es ist rechtlich nicht vorgesehen. Allerdings gab es bei dieser Regelung bis zum EEG 2014 eine Lücke, bzw. eine unscharfe Definition dieses sogenannten industriellen Eigenstromprivilegs. Diese nutzten viele große aber auch mittlere Unternehmen, um auch ihren Stromverbrauch aus fremden Kraftwerken von der EEG-Umlage zu befreien. Ursprünglich gedacht war die Befreiung aber nur für jene energieintensiven Industrieunternehmen, die eigene, häufig auf dem Firmengelände befindliche Kraftwerke betreiben, um damit ihre industrielle Produktion mit Strom zu versorgen. Da dann aber plötzlich auch Supermärkte und Bürogebäude ihren Stromverbrauch als Umlagen befreiten Eigenverbrauch labelten, wurde die Regelung ad absurdem geführt und Nachschärfungen gefordert.
Wie sieht die Regelung nun aus?
Eigentlich sind Scheibenpachtverträge seit 2017 offiziell verboten – ABER: Gleichzeitig mit dem Verbot wurde auch eine erste großzügige Ausnahmeregelung, oder auch Amnestie beschlossen. So dürfen Unternehmen weiterhin von reduzierten Umlagen profitieren, wenn sie dies unter Angabe von bestimmten Daten dem zuständigen Netzbetreiber bis Ende 2017 meldeten und die betroffenen Stromerzeugungsanlagen seither nicht erneuert, ersetzt oder erweitert wurden.
Damit aber noch nicht genug, denn mit der aktuellen EEG Reform hat die Bundesregierung sogar noch eine zweite Amnestie beschlossen. Für all jene Unternehmen beziehungsweise die dazugehörigen Kraftwerksbetreiber nämlich, die es in den letzten drei Jahren nicht gelungen ist die notwendigen Daten korrekt an die Netzbetreiber zu übermitteln und die sich darum nun mit großen finanziellen Rückforderungen sowie Klagen konfrontiert sehen. Für all diese Unternehmen und Kraftwerksbetreiber wurde also ein Blankoscheck ausgestellt, mit dem alle eventuellen Forderungen der letzten 20 Jahre beglichen sind. Einzige Bedingung: ab dem 01.01.2021 sollen sie, nun aber wirklich, die EEG Umlage zahlen.
Warum ist das ein so großes Problem?
Weil der Blankocheck von den normalen Verbraucher*innen, den Privathaushalten und kleinen Unternehmen, bezahlt werden muss. Weil manche Unternehmen wissentlich seit Jahrzehnten ihre Rechnung nicht vollständig zahlen, wird die EEG-Umlage für alle anderen dadurch höher. Noch dazu kommt, dass die sogenannten industriellen Eigenverbrauchsanlagen zum größten Teil fossile Kraftwerke sind. Somit fördern wir als Verbraucher*innen und Steuerzahler*innen mit 5 Mrd. € pro Jahr das Verbrennen und Verheizen von Kohle und Gas.