Nach der Freude über die zahlreichen Teilnehmerinnen und Teilnehmer an den weltweiten Klimademonstrationen folgte allzu schnell die Ernüchterung: Das Klimapaket der Bundesregierung hat den großen Wurf verpasst.
Bei der Vorstellung des Klimapakets sprach Kanzlerin Merkel von einem „Kompromiss“, es sei eben „das Mögliche“. Aber weder mit dem ansteigenden Meeresspiegel noch mit Dürreperioden kann man verhandeln. Das ist das Problem bei dieser Regierung. Sie versteht Klimaschutz immer noch als ein weiches, harmloses Thema und spielt politische Spielchen. Das zeigt, dass die meisten Politiker der Koalition den Ernst der Lage völlig verkennen.
Eigentlich glaube ich, dass Kanzlerin Merkel weiß, was auf dem Spiel steht. Aber sie hat offensichtlich nicht die Macht, ihre Partei auf einen rationalen Kurs zu bringen. Und so nimmt sie nach dem Ringen einer verlängerten Nacht statt der Taube auf dem Dach nicht den Spatz, sondern die Ameise in die Hand. Das bedeutet mit der Hoffnung der Verzweifelten: Ein paar Menschen mehr werden dann die Klimakrise überleben. Es wird schrecklich werden, aber ein ganz klein bisschen weniger schrecklich.
Der größte Rückschlag im Klimapaket sind die erhöhten Abstände für Wind an Land. Selbst nach Aussage ihrer eigenen Behörde, dem Umweltbundesamt, verfehlt die Bundesregierung durch diese Abstände ihr Erneuerbaren-Energien-Ziel von 65% im Strombereich bis 2030. Die veränderten Mindestabstände vom 1000m kosten laut Bundesumweltamt bis zu 50% der geplanten Flächen für Windenergie. Dieser Kardinalfehler unterminiert die Wirkung fast des ganzen restlichen Klimapakets: Ohne erneuerbaren Strom können E-Autos kein Beitrag zur Lösung sein, kann der Ersatz von Ölheizungen nicht viel mehr bedeuten als wieder Investitionen in fossile Heizungen – nur diesmal mit Gas –, kann die Industrie nicht auf ökologischere Prozesse umstellen.
Die Regierung traut sich nicht an einen echten Strukturwandel heran. Sie will alles ermöglichen, Straße und Schiene, Verbrenner und E-Auto, Gasheizung und Wärmepumpe. Das verhindert nicht nur die vereinbarte Zielerreichung unter dem Pariser Abkommen weil schädliche Emissionen nur dann vermieden werden können, wenn das Neue das klimavergiftende Alte ersetzt. Es ist auch eine unverantwortliche Verschwendung von Steuermitteln. Anstatt Gelder umzuschichten, will die Regierung bei jedem Klima-Projekt zusätzliche Mittel in die Hand nehmen. Da verwundert es auch nicht, dass für den sozialen Ausgleich nicht viel übrigbleibt. Bei unserem Grünen Konzept hätten die Bürger das Geld aus dem CO2-Preis vollständig wiederbekommen, über den Strompreis und das Bürgergeld. Wir haben auch darauf geachtet, dass die Geringverdiener im Schnitt hinterher mehr Geld in der Tasche haben und nicht die Vermögenden. Auch hier macht die Koalition das krasse Gegenteil: Über die Entfernungspauschale werden überwiegend Besserverdienende gefördert, weil die anderen gar nicht genug Steuern zahlen, um entlastet zu werden. Mieter lässt die Regierung auf den Mehrkosten sitzen, da sie zusätzliches Geld nur für Hausbesitzer vorsieht. Zudem erreichen viele der Fördermöglichkeiten natürlich auch nur die, die sich überhaupt eine größere Investition wie ein E-Auto leisten können. Die geplanten Investitionen für den ÖPNV fließen hingegen erst sehr spät und sehr spärlich.
Also verzweifeln? Nein, das können wir besser! Denn wir sind unseren Kindern und Enkeln Besseres schuldig. Spätestens seit den größten Klimademos aller Zeiten am 20. September bin ich überzeugt, dass wir etwas ändern können. Wir sind Menschen und keine Lemminge. Jetzt entscheidet sich, ob wir, wie diesen niedlichen Tieren gerne nachgesagt wird, sehenden Auges in den Abgrund rennen, weil wir unsere Gewohnheiten und unser Wirtschaftsweise nicht hergeben wollen. Oder ob wir logisch auf Fakten reagieren und vor dem Abgrund abbiegen. Wir können vernunftbegabt unseren Weg in die Zukunft beschreiten. Wir können Fakten als solche erkennen und entsprechend handeln. Wir können es gemeinsam schaffen. Packen wir es an.
Dieser Beitrag erschien am 25. September als Gastbeitrag im „Energate Messenger“ und ist hier zu finden. [Externer Link / Paywall]