Haltung der Bundesregierung zu einer CO2-Abgabe

Meine erste Rede dieser Legislaturperiode im Deutschen Bundestag während der aktuellen Stunde zur Haltung der Bundesregierung zu einer CO2-Abgabe.

Hier finden Sie den gesprochenen Text, wie er im Protokoll der Sitzung festgehalten ist.

Wenn Sie Fragen oder Anmerkungen haben, schreiben Sie mir gerne unter Kontakt.

 

Sehr verehrter Herr Präsident!

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin Schulze, Sie bezeichneten am Wochenende die Idee eines CO2-Preises als sehr einleuchtend. Ein wahres Wort, gelassen ausgesprochen. Umso bemerkenswerter ist Ihre Gelassenheit angesichts der Aussagen Ihres Koalitionspartners. Laute Bekenntnisse zum Klimaziel 2030, keine erkennbaren Bemühungen, dem 2020-Ziel näherzukommen, und durchweg Bedenken bei jeder Maßnahme, die konkreter wird als die Einrichtung einer Kommission: Das ist zu wenig;

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

denn gerade die Blockade eines wirksamen CO2-Preises ist aus drei Blickwinkeln falsch. Sie ist erstens schäbig, weil wir doch Anfang des Jahres zusammen mit der Assemblée nationale in der Resolution zum Élysée-Vertrag „gemeinsame Initiativen insbesondere zum CO2-Preis“ gefordert haben. Jetzt herrscht Schweigen im Walde, so auch wieder die ofzielle Aussage zum Trefen von Macron und Merkel letzte Woche. Es ist schäbig, unser Wort gegenüber unseren französischen Partnern so gering zu schätzen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zweitens macht Ihr Umgang mit dem CO2-Preis Deutschland völlig ohne Grund klein; denn gemäß Koalitionsvertrag wollen Sie den CO2-Preis nur mit der Zustimmung der G-20-Länder. Sie wollen also auf Trump warten? Eine marktwirtschaftliche Klimaschutzpolitik machen Sie von den Launen dieses amerikanischen Präsidenten abhängig? Damit machen Sie sich selbst schwächer als das berühmte Kaninchen vor der Schlange.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Jetzt kommen Sie bitte nicht mit der alten Leier, ein CO2-Preis gehe nur global oder mit Trump. Mehrere Nachbarländer warten auf uns. UK hat schon einen CO2- Preis, die Niederlande wollen ihn dieses Jahr umsetzen, 87 Länder wollen derzeit einen CO2-Preis einführen. Das ist wirklich ein altes Argument. Drittens ist die Ablehnung eines CO2-Preises vor allem hochgradig irrational. CO2-Preis, das ist Marktwirtschaft. Marktwirtschaft und Klimaziele, das geht nicht ohne CO2-Preis. Was von beidem haben Sie eigentlich aufgegeben? Seien Sie doch endlich ehrlich!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Jeder Weg zu den Klimazielen ohne eine wirksame CO2-Bepreisung wäre teurer, wäre weniger technologieofen, er wäre marktferner und mit gigantischen Subventionen behaftet. Immer wieder kommen Erfnder zu mir und sagen: Hier, ich habe eine tolle Energiespartechnologie, aber sie setzt sich im Markt nicht durch. – Üblicherweise steht das dann im Zusammenhang mit der Forderung nach Subventionen. Subventionen für jede einzelne Technologie, ist das Ihre Vorstellung von Wirtschaftspolitik? Wollen Sie eine Flut von Subventionen anstelle klarer Marktsignale? Wir wollen das nicht.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich fürchte, Sie nehmen den Klimaschutz nicht ernst, und das ist für unser Land und unsere Wirtschaft eine katastrophale Nachricht. Klimaschutz ist knallharte Realpolitik, Klimaschutz ist Sicherheitspolitik, bedeutet Bekämpfung der Fluchtursachen, ist Naturschutz, ist Wirtschaftspolitik. Wir sind derzeit weit davon entfernt, die Erhitzung auf 2 Grad zu begrenzen; wir befnden uns auf einem 4-Grad-Pfad. Ein Baby, das heute geboren wird, hat eine Lebenserwartung bis 2100. Schon für diese Menschen wären die Auswirkungen der Klimakrise verheerend, und die wirtschaftlichen Schäden wären um ein Vielfaches höher als die Kosten eines CO2-Preises, und die fnanziellen Mittel daraus kann man wenigstens wieder ausgeben. Wir wollen die Einnahmen nämlich investieren und sie den Bürgern und den Unternehmen zurückgeben. Öfnen Sie sich bitte im Interesse aller Kinder dieser Welt; auch derer, die heute schon leben, denen Sie am Wochenende begegnen, und auch der Enkelkinder. Öfnen Sie sich dem Charme des logischen Denkens. Folgen Sie dem Aufruf Ihres eigenen Wirtschaftsweisen Christoph Schmidt, der Forderung von 52 Unternehmen und Verbänden im letzten November, der IHK Hamburg mit 162 000 Mitgliedsunternehmen, des BDEW und vielen, vielen mehr. Setzen Sie sich ein für einen wirksamen CO2-Preis.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Abgeordnete von Union und SPD, Sie stellen die Regierung. Das bedeutet Verantwortung für die Rahmenbedingungen, das bedeutet Rückgrat, und das bedeutet Blick für die einfachen und guten Lösungen. All die Innovationen in der Pipeline warten nur darauf, dass endlich ein ehrlicher Markt geschafen wird. Schafen Sie ihn! Dann hat sich diese Legislatur für Deutschland gelohnt. Herzlichen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Manfred Grund [CDU/CSU]: So einfach ist das!)